Die Freuden des Züchters II (Tür 21)

„Über die Freude Züchter zu sein II“ oder „Wie binde ich möglichst viel Freizeit :-)“

In vielen Züchterställen werden Stuten und Fohlen die ersten drei Tage nicht aus der Box geholt, ein Verfahren, dass uns nicht begeistern kann, wir bringen Mutter und Kind direkt am ersten Tag nach draußen. Meist nur kurz auf den Reitplatz oder auf eine kleine, ebene Wiese und auch nur für ein oder zwei Stündchen. Da das Orientierungsvermögen des Fohlens noch nicht so groß ist und Zäune, vor allem Elektrozäune, erst kennengelernt werden müssen, wird dieser Ausflug immer von einer großen Gruppe Menschen begleitet, die sich an allen „neuralgischen“ Punkten positionieren. Den Stuten tut es einfach gut, wenn sie sich nach der Geburt mal in aller Ruhe und mit genügend Platz wälzen können, die Bewegung hilft, dass noch in den Geburtswegen verbliebene Flüssigkeit besser den Weg nach draußen findet, Bewegung ist wichtig für die Rückbildung und bei allem sollten wir die Physiologie des Pferdes nicht vergessen: Das Pferd ist ein Bewegungstier, sein gesamter Organismus ist auf konstante Bewegung ausgelegt – welchen Grund sollte es also geben, Mutter und Fohlen ausgerechnet nach der Geburt einzusperren?

Der erste Ausflug sagt schon viel über den kleinen Erdenbürger aus. Ist er eher schüchtern oder keck? Entfernt er sich schon weit von der Mama? Probiert er schon mal aus, was man mit den langen Beinen alles machen kann? Kennt er drei oder nur zwei Gangarten?

Beau Cadeau war keck und selbstbewusst, ließ es von Anfang an richtig knattern und neben Schritt kannte er für sehr, sehr lange Zeit nur den Galopp.

In den ersten Lebenstagen ist die Sorge darum, dass das Fohlen erkranken könnte noch sehr präsent. Zu klein sind sie noch, zu wenig Abwehrmechanismen. So wird die Temperatur täglich kontrolliert und alle Vitalzeichen aufs Penibelste beobachtet.

Neben den täglichen Ausflügen beginnt die Schule für unsere Fohlen sehr früh. Aufhalftern, Hufe geben, sich überall anfassen lassen – Was Hänschen nicht lernt……

Beau Cadeau hasste sein Halfter!! Ekliges, blödes Ding auf dem Kopf! Wild schüttelnd versuchte er es los zu werden. Als er nach einiger Zeit einsehen musste, dass es wohl blieb wo es war, war es dann auch gut.

Besser war es beim Hufe heben. Das war von Anfang an o.k., er war ein Musterschüler – ganz anders so z.B. Belle Sauvage, die uns in der ersten Woche geradezu Ringkämpfe lieferte, wenn es um ihre Hinterfüße ging. Aber auch das wurde überwunden und wir können mit Stolz davon berichten, dass die Nachkommen aus unserem Stall zu den Lieblingen der Schmiede und Hufpfleger gehören. Originalzitat „Wenn alle Absetzer so wären, würde ich nur noch Absetzer machen!“

Bei uns wird gekuschelt, geknuddelt, getatscht und das Ergebnis lässt sich sehen. Vertrauensvolle Jungpferde, unkompliziertes Anlongieren und Anreiten, Souveränität im täglichen Umgang, selbstsicher sind sie und unerschrocken.

Equistro Megabase Junior gibt es in den vorgeschriebenen Dosen per Spritze ins Maul. Die Jungspunde kennen das, Masurenfee rückte dieses Jahr schon freiwillig vom Heu ab und öffnete Ihr Mäulchen für die tägliche Ration. Und wenn dann die Wurmkur kommt, ist diese ebenfalls undramatisch.

Die Hufe erfahren regelmäßige Pflege und Kontrolle. Gerade im Wachstum kann eine Hufstellung mal völlig aus dem Ruder laufen. Sind die Pferde frohwüchsig, so ändert sich in ihrem Organismus doch ständig der Zug und Druck auf die Bänder und Sehnen und wie sollte es anders sein dadurch doch auch die Gliedmaßen-Stellung. Hier ist schnell mal was „verschlafen“.

Bewegung, Licht und Luft sind zudem das A und O für ein gesundes Wachstum. Eine große Koppel steht den Fohlen zum Spielen und Rennen zur Verfügung. Das stärkt Gelenke und Bänder, die Herz und Lunge können sich positiv entwickeln. Schon nach kurzer Zeit zeugt die gut entwickelte Muskulatur für die entsprechende Bewegung.

Das Aufwachsen in einer gemischten Herde älterer und jüngerer Pferde schafft sehr schnell ein gutes Sozialverhalten und so fügen sich die Youngsters auch nach dem Absetzen und Umzug in ihre neue Heimat gut in die jeweilig neue Herde ein. Beau Cadeau, der ja nun auf dem Domselshof wohnt, meisterte die Integration in die dortige Hengstherde mit Bravour. Mit gut sechs Monaten wurde Beau Cadeau abgesetzt und ging auf die Reise nach Kerken. Begleitet von einem ruhigen Kumpel für den Transport benahm er sich auf den 120 km mustergültig.

Ein halbes Jahr lang haben wir jede erdenkliche Pflege, Mühe und Zeit in dieses Pferdekind gesteckt und zuvor elf Monate seine Mutter nach bestem Wissen und Gewissen betreut. Das macht 15 Monate = 60 Wochen = 420 Tage, ja es ist eine zeitaufwendige Leidenschaft. Noch zeitaufwendiger ist es, wenn das Jungvolk länger bleibt und bei uns zum Reitpferd geformt wird, so wie es mit Maravedi in 2012 geschehen wird. Arbeit, von der letztlich irgendwann die potentiellen Reiter profitieren werden. Es bleibt zu hoffen, dass sie es zu schätzen wissen!