Adventstürchen 3 – 2014 / Masurenfee – „Plötzlich“ erwachsen

Tür3-2014

Eine alte Züchterweisheit sagt: „3 Tage, 3 Wochen (manche nehmen hier auch noch die Monate hinzu), 3 Jahre“. Will meinen: „Dazwischen nicht angucken!“

Und so ist es auch in den allermeisten Fällen. Unsere Blümchen ist hier eine Ausnahme, die sieht immer gut aus, aber Gott, was werden die tollen Fohlen des Sommers dann doch zu Heuharken im Winter! Meist sehen sie aus, wie aus mehreren Teilen zusammen gesetzt. Hängehälse mit riesigen Köpfen. Buckelige Knochenbeulen am Kiefer, da wo die bleibenden Zähne sich gerade den Weg nach außen bahnen wollen. Nichts passt zueinander und so manches hässliche Entlein ziert den Züchterstall.

Fee war hier keine Ausnahme. Hässliche Huckel auf dem Kopf, Hänge-Hals, dicker Heubauch herausragend zwischen schmalen Schulterchen und noch schmaleren Hüftchen. Seitenbild = Rutsche.

Lustig ist dann immer, wenn fremde Leute kommen und man dieses Monster zeigt und mit dem Bruston der Überzeugung konstatiert: „Das ist ein Gerät!“ – Meist bleibt der Besuch höflich und verliert sich nur ein wenig in ungläubige Gesichtszüge. Ganz mutige fragen gar „Echt?! Meinste?!!“ 🙂

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Folgerichtig ist diese Entwicklung nicht mit Fotos dokumentiert, denn wer will schon Heuharken zeigen? Als unsere Fee dann zweijährig war, zeigten wir sie unserem Zuchtleiter Lars Gehrmann, der ausgesprochen angetan war: „Die benutzt ihren Körper, jeder Tritt geht von hinten nach vorne durch, immer locker. Groß genug, gut entwickelt, gute runde Füße, gutes Fundament, tolle Stute, zentral vorstellen!“

O.K. da war eine Ansage und so begannen wir Anfang 2014 Fee leicht zu arbeiten. Bischen Longe, bischen Freispringen und dann das Einmustern an der Hand, was ein Freund von uns übernahm.

Ganz oft wird so ein wenig von den Züchtern rum gestöhnt, dass das mit dem Freispringen ja alles viel zu viel für die jungen Pferde ist. Man müsse so viel üben und die Belastung und überhaupt… alles Quatsch!!! Entweder einer kann es oder er kann es nicht! Aus diesem Grunde sei noch eine Anekdote zum Freispringen hier erzählt:

Zwei Mal hatten wir Freispringen „geübt“. Zunächst am Strick über die am Boden liegenden Stangen, am Ender der Gasse gabs Lob und Leckerli. Dann frei über selbige Stangen, ebenfalls mit dem Ergebnis Leckerli. Spätestens hier hatte Fee ihre Begeisterung für den Sport entdeckt. Kein links, kein rechts, kein Zögern!! Da sind die Balken, da will ich hin. Frank versuchte beim ersten Freispringen einmal sie zu hindern (wir waren eigenlich fertig), stellt sich mit Longierpeitsche in den Einlauf, es waren aber noch 50 cm Lücke zur Wand, schwupp, durch war sie, nochmal die Reihe, dann stolz das Leckerli abgeholt. Wohlgemerkt, wir sind bei all diesen Dingen nur zu zweit… wenn da einer nicht wollte…

Aber das ist niemals ein Thema für unser Feenkind. Sie will ja. So konnte dann auch auf Peitschenführung verzichtet werden, um anstelle derer zu fotografieren. Das war Fee beim 2. Freispringen ihres Lebens:

dann was höher

Zwischen den beiden Sprüngen ereignete sich dann eine Schrecksekunde: Beim Umbau des Oxers um, schickten wir Fee weg, sie lief eine halbe Acht, wechselte auf die rechte Hand, sprang über die Metall-Absperrung!!! in die Reihe und sprang über Sprung 1 wieder raus… Herzstillstand!! Aber klar, als sie fürs Leckerchen kam, sie hat es bekommen.

Dann, des Ganzen nicht genug, wurde unsere Fee größenwahnsinnig. Vom Oxer zur Reitplatzeinzäunung (Eisenbahnschwellen, ~1,40 m hoch) waren es exakt drei Galoppsprünge… – ohne Feindberührung stand sie dann auf der Straße und wandte sich in aller Seelenruhe Nachbars Garten zu, währen ihre Züchter weit weniger elegant als sie die Hürde nahmen und hinterher kletterten…..

Am 28. Juni ging es zur ZSTE nach Westfalen, das Erbebnis war trotz aller Widrigkeiten die Prämienanwartschaft. (Einen ausführlichen Bericht gibt es hier).

Zu dem Zeitpunkt der Veranstaltung war uns bereits unabhängig vom Ergebnis klar: Fee bleibt als unsere Zuchtstute. Wir schätzen dieses Pferd über alle Maßen und sind von ihr begeistert. Von ihrem Potential und ihrer Einstellung!! Sie machte uns so viel Freude in der Arbeit, keiner könnte hier einen Zweifel sähen. Und am Springen kann man sie schlicht nicht hindern.

Und dennoch….. es macht so unglaublich stolz, wenn man seine Gedanken, seine Mühe und seine Visionen bestätigt bekommt und mit dem Prämientitel den Platz verlässt!! Es machte aus dem Pferd kein anderes, aber seine eigene Einschätzung bestätigt zu bekommen und sich mit so vielen Menschen freuen zu dürfen und zu können (Fee hatte einen echten Fan-Club 😉 ), all das hat diesen Tag in Westfalen zu einem ganz besonderen für uns gemacht!

Zucht bedeutet eben nicht „Produktion“ und darf sich weder auf die damit verbundene Arbeit, noch auf (in einer Traumwelt zu erzielende) Erträge reduzieren.

tellerZucht macht Spaß, Zucht verbindet kreative Geister und Idealisten, schafft Freundschaften unter Menschen, die sich einem Thema verbunden fühlen. Bei uns ist es der Trakehner. Dieser Erfolg war etwas, was uns ganz tief im Herzen berührt hat und Fees Teller, der ihr vom Zuchtbezirk Rheinland dieses Jahr verliehen wurde, wird in unserer Wohnung einen ganz besondern Platz bekommen. Sie ist unsere erste selbst gezogene Prämienstute. Als Halbblut. Als Springpferd. Das ist toll!!!!