Türchen 17 – Infinity von Oktavio – Eine neue „alte“ Genreserve

Infinity – Bereits im Vorfeld von uns mit einem Kreuzchen versehen betrat der sportive Schimmel mit der Kopfnummer 24 das Körparkett in Neumünster. Geboren am 01. Mai brachte er ein Stockmaß von 165 cm und eine 20.5er Röhre mit – genügend groß also, ausgewachsen dürfte er ein Ende-160er Pferd sein.

Schon am ersten Tag bekam er ein „DAMPF!!“ auf sein Tanzkärtchen von uns notiert. Und dieser Dampf setzte sich über die Tage durch. Sehr gut am Sprung – in jedem anderen Jahrgang hätte er wohl das Prädikat „Bester Springer“ bekommen – immer hinten dran und drunter, sehr gute Übergänge, eine Galoppade im absoluten Gleichgewicht und immer bergauf. Ein richtiger Sportler, ein komplettes Pferd – er gefiel uns ausnehmend gut!! Ein Hengst dessen Ausbildung in alle drei Richtungen gehen kann! Sicher, kein Spektakel im Trab , dafür aber eine aktive Bergaufbewegung in den schwunghaften Gangarten, sichtbare Tragfähigkeit durch einen praktischen passenden Körper mit gutem Rahmen und ohne überlange Spinnenbeine. Interessant dabei auch das – erfrischend altmodische – Pedigree. Linienzucht auf den Springvererber Carajan über Amiego und Marquis, denn schon die Großmutter Irisette war in Linie auf den Vererber Carajan gzogen.

Infinitys Vater Octavio wurde vom Trakehner Verband erst 2003 – im Alter von 12 Jahren aufgrund seiner Sporterfolge anerkannt. Oktavio war erfolgreich in Vielseitigkeiten bis Klasse S, Springen bis Klasse M sowie Dressur bis Klasse L und verdiente so gut sechseinhalbtausen Euro unter seinem Reiter Harald Fechner, mit dem er sich 2002 unter anderem bei den DM in Luhmühlen an 11. Stelle platzieren konnte.

Octavio stammt vom Abdullah-Halbbruder Amiego ab. Amiego wurde als Jährling von John Krenger gekauft, der ihn auch für den Rest seines Lebens besaß. Amiego hatte eine bemerkenswerte Karriere, 1977 zwang ihn eine schwerer Hüftverletzung ein halbes Jahr in einen Ständer mit Schlingenaufhängung. Zehn Jahre später gewann er unter Peter Gray die Bronzemedaille bei den Pan Am Games. Aufgrund des großen Interesses aus Deutschland wurde er im Dezember 1989 nach Europa verschifft, wo er vom Trakehner Verband offiziell als Zuchthengst anerkannt wurde. Es wird immer noch erzählt, wie er mühelos aus der Arena gesprungen ist… Während seines kurzen Aufenthalts in Deutschland deckte er erstaunliche 121 registrierte Trakehner-Stuten. Leider starb er wenige Monate nach seiner Rückkehr nach Nordamerika.

Amiego brachte einige Sportpferde, aus den 121 Bedeckungen kamen 39 Pferde im Sport an, davon 26 mit Erfolgen, 4 davon in Klasse S (1x VS, 1x Dr, 2x Spr). Aber auch seine Töchter hinterließen Spuren, so brachte bspw. seine M-erfolgreiche Tochter Hellina später mit Almox Prints den S-Springer Habsburg.

„Er vertritt über den Abdullah-Halbbruder Amiego die Linie des Carajan. Eine Hengstlinie, die auszusterben droht. Wenn es eine Verbands-Hengsthaltung gäbe, dann wäre dieser Infinity sicherlich einer, dessen Genpotenzial wir nutzen und sichern sollten.“

Kommentar Zuchtleiter Lars Gehrmann am Sonntagmorgen

Zur Hengstlinie:  Amiego – Händel – Carajan – Herbstwind – Perserfürst – Port Arthur – Pilger

Die Linie des ehemaligen Trakehner Hauptbeschälers und hoch angesehenen Leistungsvererbers Pilger, ist heute sehr schmal geworden und hat lediglich über den Springpferdevererber Carajan eine gewisse Bedeutung in der Bundesrepublik erlangt. Nun hat diese Linie, in der seit ihrer Etablierung im Hauptgestüt Trakehnen immer eine überdurchschnittliche Springveranlagung verankert war, mit Infinity einen neuen Vertreter.

Einer der letzten Einträge in das Hauptbeschälerbuch Trakehnens ist Port Arthur v. Pilger. Der mächtige Braune hatte viel Format, sein Fundament war solide und trocken. Nach einer guten Hengstleistungsprüfung in Zwion wirkte er als Landbeschäler in Georgenburg, bevor er 1944 evakuiert wurde; wie bei seinem Vater Pilger ist über seinen Verbleib nichts bekannt.

1941 zog Franz Scharffetter in Hengstenberg den Beschäler Perserfürst v. Port Arthur a.d. Danzig, einer Enkelin seiner berühmten Islamitin. Aus dieser Stutenfamilie stammte neben Löda, dem Vater der Zauberfee, die eine besonders springbetonte Familie in Westdeutschland begründete, auch die legendäre Italia, deren Familie bis heute großen Einfluß auf die Zucht nimmt.

Der Perserfürst-Sohn Herbstwind stammte aus der Herbstzeit, die eine bedeutende Hauptgestüts-Familie gründete, der neben dem international erfolgreichen Dressurpferd Hirtentraum die Siegerhengste Herzensdieb und Herzzauber sowie die Reservesieger Hofrat und Hoftänzer angehören. Als Muttervater von Incitatus, Erzsand und Halali ist Herbstwind in den Pedigrees zahlloser Sportcracks zu finden. Sein einziger gekörter Sohn war Carajan.

Das Hengstbuch 1975 beschreibt die Nachkommen des Beschälers: „Den meisten Nachkommen sind gemeinsam: Stolzer Gesamteindruck, gute Größe in entsprechendem Rahmen, trockenes, sehr korrektes Fundament, einwandfreie Bewegungen, harte Konstitution und feste Gesundheit, Bereitschaft zu allem Dienst, besondere Begabung zum Springen.“ Als Vererber von häufig genialer Springveranlagung sollten Carajan und zahlreiche Angehörige seines Blutes dann auch in die Zuchtgeschichte eingehen. Bedeutendstes Sportpferd war sicher seine Tochter Biene. Biene kam im Jahre 1964 im saarländischen Trakehnerestüt Grumbach in Schafbrücke zur Welt und wurde im Alter von drei Jahren eingeritten. Bald wurde das große Springpotential der Stute erkannt; auf der Zweibrücker Auktion erstand sie kein geringerer als Springreiter Hugo Simon. 6-jährig feierte die Stute bereits ihren ersten S-Sieg, es folgten viele weitere Siege in großen Springprüfungen bis zur internationalter Ebene. 1972 startete Biene als „Leihpferd“ auf der Olympiade in München unter dem mexikanischen Reiter Eduardo Higaredo Usi, der sie jedoch bedauerlicherweise weit unter ihren Möglichkeiten vorstellte. Die Lebensgewinnsumme dieser Ausnahmestute, die 1970 zum erfolgreichsten Trakehner Sportpferd gekürt wurde belief sich auf 16.666,55 DM – eine stolze Summe in den 60ern und 70ern!

Neben Carajan bringt Octavio mehrfach die Hengste Komet und Pregel ins Spiel. Komets Kinder galten als edel, hart und ausgesprochen langlebig., Pregel vererbte Rittigkeit, Gelassenheit und vermögendes Springen.

Octavios Mutterstamm ist uns bestens durch Oksana bekannt, der Stamm der Oka lieferte auch  Onassis von Consul, Okavango von Hibiskus und Oliver Twist von Monteverdi sowie den Herbstglanzsohn Ordensglanz. (hier gibt es mehr dazu)

Bei Infinitys Mutter, der St.Pr. u. Pr.St. Isette von Buddenbrock aus der E.St. Irisette II von Amiego wurde die sportbetonte Carajan-Linienzucht allerbestens mit Buddenbrock ergänzt!

Irisette brachte mit Buddenbrock nicht nur Octavios Mutter Isette III, sondern auch den in S-Springkonkurrenzen erfolgreichen Inflagranti und den bis L-Springen erfolgreichen Indian Country. Ihr Sohn Ishanti von Fontainbleau lief bis 2** M erfolgreich Dressur.

Buddenbrock wurde 1996 in Neumünster gekört und bewies bereits dreijährig anlässlich seiner Hengstleistungsprüfung seine vielseitige Veranlagung, denn für den Gelände-Galopp und die Manier erhielt er mit 8,50 und 9,00 zwei seiner höchsten Einzelbewertungen. 1999 qualifizierte sich Buddenbrock unter Andreas Dibowski als Fünfjähriger für das Bundeschampionat und platzierte sich im Finale an sechster Stelle. Über die weiteren sportlichen und züchterischen Meriten des Elitehengstes Buddenbrock braucht man nicht mehr viel schreiben: 13 gekörte Söhne, über 200 eingetragene Töchter, ein Viertel davon mit Prämie ausgezeichnet. 344 eingetragene Nachkommen im Sport, 240 davon erfolgreich, 19 davon in Klasse S. Buddenbrocks Vater Sixtus wurde auf dieser HP bereits viel beschrieben und gerühmt. Er erfreut sich im hohen Alter von 30 Jahren nach wie vor bester Gesundheit im Heimatgestüt Hörstein.

Die Genkombi von Infinity an unsere Stuten finden wir extrem spannend!!! Wir warten nun die HLP ab. Sicherlich wird dieser junge Mann in Wahn einmal zum Einsatz kommen!!

Ein herzlicher Dank geht an Jutta Bauernschmitt, die geholfen hat, die heutige Bleiwüste mit ihren phantastischen Bildern aufzupeppen!