Türchen 6 – Konformität ergibt sich aus der Summe des Zusammenwirkens geistiger Faktoren und körperlichen Funktionen

AK6

Conformation – Dieser englische Begriff für die deutsch „Material“-Bewertung zielt auf „Konform“. Und dies bedeutet: Ein aufeinander Abgestimmtsein. Es müssen also die einzelnen Partien und Teile zueinander passen, sich gegenseitig ergänzen und potenzieren, sobald sich in Bewegung setzt, was im Stande lediglich eine Modellbetrachtung zulässt und nicht mehr als Mutmaßungen erlaubt. So kann also eine Bewertung nicht davon ausgehen, in vielfach noch üblicher einleitender Exterieur-Notengebung bereits abzustempeln, was sich in seinen eigentlichen Nutzeffekten erst in der Bewegung offenbart und letztlich unter dem Reiter dann eine treffsichere Begutachtung ermöglicht.

Köhler stellt den eingebürgerten Materialbegriff zur Diskussion und bezeichnet ihn als einzigen großen Irrtum, der unweigerlich zu einem starren Formalismus nach einer vorgefassten Methode von richtig und falsch verfährt, einseitigen Korrektheitsbegriffen huldigt und individuell Bedeutendes verhindert – zugunsten „korrekter“ langweiliger Mittelmäßigkeit. Natürlich meint dies auch nicht, auf Teufel komm raus Krummbeiner zu züchten, aber es gibt eben mehr zu beachten als das zu 100% akkurate Fundament / Exterieur. Wie kann beispielsweise ein Hinterbein als „zu“ steil gelten, wenn das Individuum in der Lage ist, dieses Hinterbein nutzbringend einzusetzen?

Köhler behauptet nicht, dass unser praktiziertes Bewertungssystem zwangsläufig falsch sein muss, aber die Gefahr dass leichte Fehler als sogenannte Mängel herausgestellt werden, ist doch groß und so gab es in der Vergangenheit und gibt es noch heute immer wieder Pferde die trotz – oder vielleicht sogar wegen – ihrer „Mängel“ überragende Leistungen brachten.

So sollte man diesen ganzen Bewertungskomplex von dem so missverständlichen Material-Begriff fort in die einzig wesentliche Richtung bringen, die zur Beurteilung der Reit-Qualität führt und somit einzig da den Schwerpunkt setzt, wo er hingehört. Wenn dieses ja nun einmal ausschlaggebende Kriterium geklärt ist, kann abschließend untersucht werden, ob gravierende Mängel bestehen, die die als solche erkannte Reitqualität ausgleichslos oder unmittelbar mindern oder infrage stellen um solche dann auf die Waagschale zu bringen, wo nötig hart und kompromisslos.

Letzteres muss jeder Züchter für sich selber entscheiden und auch wenn Köhler den Pferdebeurteiler dringend vor dem Wörtchen „zu“ warnt, so gibt es sie doch die ganz persönlichen „Zus“ als Ausschlusskriterium für mögliche Vatertiere. Dies sind die unsrigen: Schlecht angesetzte, kurze Hälse mit zu engen Ganaschen. Zu wenig Bemuskelung der Hinterhand. Zu enge Hufe. Der Bockhuf. Auch diese Attribute mögen das jeweilige Individuum nicht stören und gerade der Bockhuf mag erworben sein, aber im Genmix der Vererbung wünschen wir uns diese Eigenschaften nach Möglichkeit nicht – denn bei mangelnder Konformität, sprich dem richtigen Zusammenwirken geistiger Faktoren und körperlichen Funktionen sind dies doch für uns die Faktoren, die sich einschränkend auf Reitqualität, Leistungsfähigkeit und auf die Haltbarkeit auswirken. Die bei Springpferden häufig bemerkten „zu“ steilen Hinterbeine, nehmen wir hingegen dankend und gerne an. 😉

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