Die neue Reiter Revue flatterte in den Briefkasten. Ein Titelthema: „Geschmischte Herde – schlaue Pferde“. Och? Das ist ja interessant! Wir berichteten in 2012 bereits mal darüber, dass wir unsere Pferde in gemischten Gruppen halten und da recyclen ja bekanntlich vom Mitmachen lebt, wärmen wir das Thema heute nochmal auf. 😉
Bei uns werden die Pferde gemischtaltrig zusammen gehalten. Von 0 bis 23 alles geht zusammen raus. Wir machen das, weil wir schon immer der Meinung waren, dass die Vorteile dieser Aufzucht überwiegen. Natürlich ist keines der Pferde hinten beschlagen und ein unsoziales Pferd wird niemals Platz in unserer Herde finden. Die Fohlen kommen erst nach ca. 3 Wochen gemeinsam mit der Mutte wieder dazu und standen vorher zur Betrachtung über den Zaun auf der Nachbarweide. Wenn dann die Zusammenführung vollzogen wurde, tritt KEIN Herdenmitglied einfach ohne Erlaubnis an die neuen Fohlen heran, die Vorstellung ist etwas, was aktiv von der Stute ausgeht. Sie ist es, die ihr Fohlen zum Rest führt und meist ist es Mattes, dem als erstes die Ehre zu Teil wird, den neuen Erdenbürger begrüßen zu dürfen. Und es ist auch Mattes, der darauf achtet, dass sich der Rest der Truppe ordentlich benimmt und achtsam und höflich bleibt.
All das geschieht ohne Streit und Zank – eine souveräne Hierarchie sorgt für friedliches Miteinander. Und in diesem Frieden wachsen junge Pferde heran, die nicht nur ihre geduldigen Mütter kennenlernen, sondern auch erwachsene Pferde, die ihnen freundlich aber bestimmt ihre Grenzen aufzeigen. Die Stuten sind entspannt ob der Tatsache, dass sie wissen, dass da auch noch andere sind, die sich um das Wohl und Wehe der kleinen Herde kümmern. Wann immer eine „gefährliche“ Situation auftritt, so kann man beobachten, wie alle erwachsenen Pferde einen schützenden Kreis um den Kindergarten bilden. Sozial verträgliche Pferde, die bereits Maßhalten und Respekt im Umgang mit ihren Artgenossen erlernt haben sind das Ergebnis dieser Haltungsform – eine nicht zu unterschätzende Tatsache, wenn diese Pferde irgendwann einmal in die Arbeit einsteigen müssen.
Über genau diesen Effekt berichtet Reiter Revue in ihrem Artikel „Das Mehr-Generationen-Haus“ aus dem wir hier ein paar Passagen zitieren wollen.
„Gemeinhin werden Fohlen im alter von sechs Monatne abgesetzt. Dann kommen die Fohlen meistens in Fohlenherden, wo sie sich bis zum dritten Lebensjahr im Sozialverband entwickeln, bevor der Enst des Lebens als Reitpferd beginnt. Diese Sozialverbande sind allerdings keine natürlichen. Es würden quasi Waisenhäuser gebildet, sagt Züchter Kurt Fuchs der im französischen Les Dannes Sportpferde auf rund 400 Hektar in Freiheit hält. „Es bilden sich Hierarchien heraus, die ungesund sind. Der Anführer ist nicht zu bändigen, der Rangniedrigere wird verhungern, wenn die Nahrung knapp wird. Mit Kompetenz hat diese Führung nichts zu tun, denn keiner von denen ist kompetent.“
Der Artikel berichtet weiterhin über die positiven Auswirkungen der gemischen Herden. Die Pferde seinen neugieriger und das dem Menschen zugetane Wesen würde immer wieder positiv von Besuchern / Käufern hervorgehoben. Alte Stuten als Gouvernanten in Stutenherden oder alte Onkel bei den Hengsten bringen Ruhe und Souveränität. Es herrsche mehr Ruhe in der Herde, denn ein Aufteilen der Aufgaben ermöglicht dem einzelnen Pferd, seinen eigenen Bedürfnissen nachgehen zu können, ohne rund um die Uhr auf der Hut zu sein. Weiter, dass die Pferde sich sicher fühlen, wenn sie Kontakt mit ihren Artgenossen haben und dass dieses Bedürfnis nach Sozialkontakt und ein Leben in Gemeinsamkeit angeboren ist.
„90 % aller Kompetenzen erwerben Pferde in den ersten vier Jahren in der Herde, die 10% die der Mensch zum Reiten zusätzlich benötigt, sind umso leichter anzutrainieren, je sozialkompetenter ein Pferd ist.“
Das zugewandte und freundliche Wesen können wir bei all unseren Pferden beobachten. Unlängst hatten wir Besuch auf unserem Hof. Nach der Stalltour wurden wir dann gefragt „Ja sagt mal! Sind die hier denn alle so?! Das gibt es ja gar nicht, die wollen ja am liebsten auf den Arm!“- „Ja, ist doch normal?!“ – “ Ne, also so ausgeprägt wäre das schon außergewöhnlich.“ – „Ach?“ …..
Junge Pferde Pferde lernen das Meiste durch Abgucken und Kopieren. Haben die Mütter und andere Herdenmitglieder eine positive Einstellung gegenüber dem Menschen, so adaptieren sie diese ebenso wie den vorgebrachten Respekt und die Aufmerksamkeit. Ebenso wie sie auch andere Verhaltenweisen ihrer Mütter, Tanten und Onkel kopieren.
Da Franzi seit frühester Jugend immer beim Reiten zuguckt, sollte wohl auch das dann innerhalb von wenigen Tagen im nächsten Frühjahr gegessen sein, denn wie wir jetzt gelernt haben, übt das Streberlein ja schon heimlich auswendig. 😉