Adventstürchen 12 – 2014 / Oka-Märchen oder „Die Prinzessin auf der Erbse“

Tür12-2014Oka-Märchen reiste im Bauch ihrer Mutter zu uns. Als Absetzer zog sie dann in die neue Heimat, Anfang 2014 starteten wir gemeinsam das Projekt „Anreiten“. Hier waren wir seit Start auf das Wochenende angewiesen. Studium, Beruf und alles was ansonsten mal so Zeiten bindet – sei es auch nur eine profane Grippe. Im Rheinland kommt dann noch der Karneval hinzu, auch der bindet Ressourcen 😉

So darf man mal rechnen, dass bei 52 Wochen, die das Jahr hat insgesamt maximal 104 Tage für Arbeit zur Verfügung stehen.  Zieht man nun ein paar Ausfälle wegen Wetter (Frost und Starkregen) und Krankheit ab, so bleiben Summa sumarum bummelige 80 Tage für die Arbeit unterm Sattel. Nicht ganz drei Monate…..

Solche Projekte profitieren natürlich immer vom Handling des jeweiligen Pferdes und hier hatte die neue Märchen-Familie mit Raschel-Tüten über den Rücken und anderweitiges Gehampel schon einen sehr guten Job gemacht. So stellten sich die ersten Sonntag wie folgt dar:

1. Sonntag: Trense und Sattel drauf. Freilaufen lassen.
2. Sonntag: Trense und Sattel drauf. Longenarbeit. Reiterin drüber legen.
3. Sonntag: Siehe 2. + Reiterin draufsetzen, Oka-Märchen führen.
4. Sonntag: Siehe 3. + an der Longe außen rum, erst im Schritt und dann im Trab.
5. Sonntag: Siehe 4. + Galopp

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Dazwischen wurde jeweils nix gemacht, außer dem normalen Handling. Das Pferd geht den ganzen Tag auf die Wiese, erfährt normalen Anspruch von seinen Menschen und lernt bei Bodenarbeit andere Reize – siehe Rascheltüte 😉 – kennen.

Bei all dieser Arbeit lernte das Pferd folgende Dinge „Ich bin die Größte, die finden mich toll!“, „Ich mache alles richtig, ich werde nur gelobt!“ und „Reiter = Möhren“. Man kann das gerne anders machen, es gibt jede Menge Leute, die andere Verfahrensweisen verfolgen – wir tun das nicht! Wir sind so altmodisch und longieren am Kappzaum, wir sind der Meinung, dass ein Pferd seinen Hals zum balancieren braucht und verzichten auf Ausbinder und wir sind der festen Überzeugung, dass die vertrauensvolle Arbeit mit merkbarem Erfolg für das Pferd Basis für eine solide Ausbildung ist.

Nun gestaltet sich manches schon als schwierig. Dazu gehört, dass jeder Reiter, der noch nie auf einem jungen Pferd gesessen hat, auch lernen muss, wie auf was zu reagieren ist. Bis der in der Mitte die notwendige Reaktion erklärt hat, kann es zu spät sein. Hinzu kommt, dass von außen jede Menge Menschen mitquatschten und verunsicherten („Wie, Du reitest immer noch an der Longe??!!“), die es besser mal mit Dieter Nuhr hielten: „Wenn Du keine Ahnung hast einfach mal F***** halten“.

Last but not least: Oka-Märchen ist eine Prinzessin auf der Erbse!!! Super fein in jeder Reaktion, sehr gelehrig, ganz aufmerksam…. alles tolle Eigenschaften, allerdings verlangen diese und damit auch sie einen absolut passenden Sattel!!! Denn nur leichte Nuancen der Verschiebung im Galopp waren nicht zu tolerieren, was diese Gangart zu der weniger erfreulichen des Ausbildungsprogramms machte.

Die Hürde wurde genommen, ein super Sattel gefunden, ganz offenbar einer, den auch das Märchen-Erbsen-Prinzesschen als ausreichend kuschelig empfand. Ab da ging es in riesen-Schritten mit einem tiefenentspannten Pferd stetig voran. Seit sie dann begriff, dass man ohne Longe marschieren kann, empfindet sie diese nur als ärgerlich und stellt ihr Empfinden auch mit Nachdruck zur Schau. „Lass mich! Ich weiß das und kann das! Das baumelnde Ding auf meiner Nase stört!! Mach ab!“

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Schritt,Ttrab und Galopp außen rum. Mittelzirkel, Handwechsel und auch schon große Volten. Zulegen und Aufnehmen rein über das Reitergewicht, sofortige Reaktion auf Gewichtsverlagerung mit Übertreten… All das, was wir uns an der Longe übten, spulen Märchen und ihre junge Reiterin nun „einfach“ so ab. Hätten doch die Ahnungslosen bloß auf Nuhr gehört :-).

Das schönste Kompliment was es dann vor Kurzem gab, war ein Statement der Reiterin: „Ich habe immer nur ausgebildete Pferde geritten und ich dachte, das hat denen mal jemand beigebracht. Aber das ist ja so, dass die einfach auf das reagieren, wenn man es richtig macht??!!“ – Ja, genau so ist es! Unser Sport ist eben kein Einimpfen von widernatürlichen Zirkuslektionen, sondern das Abstimmen einer – für Reiter und Pferd – verständlichen Hilfengebung, die die natürlichen Anlagen abruft. Nicht mehr und nicht weniger! Und ganz offenbar hat es auch bei diesem Paar mal wieder geklappt.

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Als Anmerkung: Wir sind weit entfernt davon uns mit Top-Ausbildern vergleichen zu wollen oder zu können. Aber wir lassen uns gerne an unseren zufriedenen und vertrauensvollen Pferden messen 😉