Adventstürchen 7 – 2014 / Zwillinge hinter den Kulissen

Tür7-2014Da standen wir also und guckten in die Box, auf unser kleines Wunder. Unfassbar. Wir wählten einen zarten Hengst für unsere nun 22-jährig Oksana, auch mit dem Gedanken, dass wir der alten Stute eine leichte Geburt ihres letzen Fohlens wüschten. Und als wollte sie uns sagen „Nee Freunde, ich will noch zwei!“ haute die da so ein Ding raus. Nahm beide Fohlen an, bewegte sich wie auf Eiern um die beiden Körper herum (da lag ja immer einer im Weg) und machte den wohl besten Job ihrese Lebens!!

Und was uns anbelang, weiß man schon über Zwillinge? Nicht viel und was man weiß oder zu wissen glaubt, ist meist nix gutes. Man befragt dann unter anderem auch Tante Goggle… und lässt es gleich wieder! Die dort zu findenden Prognosen waren inakzeptabel. Ebenso das, was in den Büchern zu finden war. Wir beruhigten uns damit, dass es Ausnahmen von der Regel gibt, ignorierten alle Horror-Stories und dachten positiv.

image-1024x768Drei Tage blieben Oksana und die Twins in der Box. Omari hatte ein bißchen Probleme mit dem Kotabsatz und bekam noch ein paar mal je ein halbes Klistier. Es war zwar nur Milchkot, aber sehr trocken und eingedickt. Zuviel für seinen kleinen Anus. Oka-Liebchen war von Anfang an fit.

Nun ist es bei Oksana so, dass sie die Milchproduktion langsam anfährt, was bei einem Fohlen ja gut ist (im Gegensatz zu Belle, die ihre Kinder von der ersten Stunde an mästet!!), aber für zwei zu wenig. Also sind wir direkt am Montag morgen losgejagt für Milchpulver und Fläschchen verschiedener Größe mit unterschiedlichen Nuckis… eben alles was das Programm so her gab.

Hochmotiviert dann die Milch gemacht, schön mit Thermometer tempereriert, in den Stall um die Fohlen zu tränken / füttern .. Denkste!!! Flasche bäh! Milchersatz bäh! Mensch bäh! Hau ab!

Nun soff aber das fitte Liebchen unserem weniger fitten Omari alles weg. Er war müde und schlief, sie machte das Euter leer und als er dann aufstand, war nix mehr da. So konnte das nicht gehen!!

Bekanntlich darf man ja doof sein, man muss sich nur zu helfen wissen. Eine 60 ml Spritze wurde genommen, darauf ein ca. 2 cm langen Gummipömpel (abgeschnittenes Verbindungsstück von einem Infusionsschlauch) gebastelt und die Milch darauf aufgezogen. Einer hielt die Stute, der nächste hockte sich unter den Schweif, wartete auf Omaris Andocken an der Zitze und dann, schnell den Gummipömpel seitlich ins Maul und rein damit! Das funktionierte! Parallel dazu, Liebchen immer den Eimer hin gehalten, ob sie vielleicht trinken wollte. Alle 2 Stunden fuhren wir dann diese Aktion. Rund um die Uhr. Kein Problem, wir hatten ja die letzten Wochen eh genug Schlaf….. Vier mal täglich Fieber messen, Kotkontrolle und rund um die Uhr Überwachung. Kein Problem! Man muss sich nur organisieren ;-).

Es gipfelte im „Zombie-Walk“. Ostersonntag ergab es sich dann, dass ich den Frühstückstisch deckte, mich rumdrehte, vergaß was ich wollte und den Tisch direkt mal wieder abräumte…. Ja, Schlafentzug ist eine Folter!!

image (2)Und als wäre der ganze Milchscheiß nicht schon genug, wurde es dann auch noch biestig kalt am zweiten Lebenstag. Klein Omari zitterte. Die Fohlen bekamen Deckchen! Omari erhielt eine Decke (große Stallbandageunterlage fixiert mit BorderCollie Erics Hundegeschirr) und Stulpen für die Beine (Kinderstrumpfhose größe 92). Das hat toll gewirkt, er zeigte ein deutlich gesteigertes Wohlbefinden.

2-IMG_5123Am dritten Tag durften Sie erstmals für kurze Zeit raus in die Sonne, Oksana genoss es und die Fuzzies probten auch mal alle drei Grangarten.

Der erste Weideausflug am vierten Tag war wieder spannend. Oksana freute sich, rannte, bockte und wollte sich bewegen. Liebchen folgte, Omari war überfordert. Und Oksana kümmerte es dann auch nicht wirklich. Die Natur hätte hier wohl anders selektiert…, aber wir brachten auch den Sohn wieder zurück zur Mutter und sie brummelte auch ihm freudig entgegen. Er musste nur irgendwie selber mithalten….

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Sieben Tage nach der Geburt war es vollbracht: Liebchen soff aus dem Trog und dadurch blieb für Omari mehr. Wir tränkten „nur“ noch alle drei – vier Stunden. Hier sei erwähnt, bis zum Schluss weigerte sich der kleine Sack etwas anderes zu akzeptieren, als seine Maulspritze

. Der Gesichtsausdruck, den er zu Besten gab, wenn wir mit dem gelben Milcheimer kamen war zum piepen!! Immer auf uns schielend, bezog er Position am Euter und lies sich dann bis 600 ml Milch verabreichen.

Als wäre die Sorge um die Zwillinge nicht genug, musste auch Oksana der vorangegangenen Anstrengung Tribut zollen und etwickelte nach einer Woche eine leichte Belastungsrehe. Ein Schmiedetermin war wegen Krankheit kurz vor der Geburt ausgefallen, die Zehe was lang geworden und dazu das Gewicht wohl doch arg, die Belastung zu groß.

Nun kam zum Fohlen versorgen auch noch die Stute, die nun recht speziell ernährt werden musste. Für die Fohlen war die Bewegung elementar, für Oksana über Tage nicht wirklich gut… Zunächst sofortige Hufbearbeitung und dann folgte ein Drahtseilakt mit Polstern und Schuhen, Hufe kühlen, speziellen Kräutermischungen,Akkupunktur,  .. und was eben sonst alles noch so ging… Auch das haben wir überstanden.

Mit den Zwillingen hangelten wir uns von Tag zu Tag, von Woche zu Woche. Dem „Wenn sie gut drei Tage alt werden“ folgte „Wenn sie erstmal eine Woche als sind“ und dem wiederum „Wenn sie die drei Wochen überstehen“ bis hin zu „bei Zwillingen muss man das ganze erste halbe Jahr wachsam sein!“….

Nun, sie sind acht Monate!! 🙂 Stehen gerade auf den Füßen, wachsen fröhlich vor sich hin, sind munter und selbstbewusst – zwei Zauberpferde! Liebchen ist 140 cm, Omari ist 135 cm.

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Diese Erfahrung war eine ganz Besondere. Viel Arbeit, viel Mühe und mit Sicherheit alles andere als wirtschaftlich, aber wir haben es geschafft, wir waren die Ausnahme von der Regel! Und wir verabschieden unsere 22 jährige Oksana nun in ihren verdienten Ruhestand, den sie selbstverständlich bei uns genießen darf und als Tante den Kindergarten betreuen. Die Zwilling laufen noch bei Fuß, warum auch nicht? Der Entwicklung wird es nur gut tun. Das werden zwei feine Pferde – sicher!!

2 thoughts on “Adventstürchen 7 – 2014 / Zwillinge hinter den Kulissen”

  1. Hallo Simone und Frank,
    beim Studium Eures Adventkalenters bin ich wirklich beeindruckt und begeistert:
    Tolle Recherche, toll geschrieben, liest sich spannend ind informativ und Eure Aufzucht-„Nummer“ mit den Zwillingen – alle Achtung, tolle Leistung und Oksana dabei soo gut in Schuss – einfach Klasse!!
    Da Oksana eine der letzten lebenden direkten Consultöchter ist und sicher eine der bessseren noch dazu – wie wär’s mit doch noch einem Fohlen, z.Bsp. von Schwarzgold (wegen des sehr nahen Blutanschluss‘ auf Consul) – eine Tochter aus so einer Verbindung wäre ‚was für die Weiterzucht – da kann man alles anpaaren: Dressur, Springen, VS, Vollblut.
    http://www.sporthorse-data.com/dbtestmating.php?&sireid=10743839&damid=10514978
    Im Übrigen einen wünsche ich einen geruhsamen dritten Advent und alles Gute, Gesunde und Fröhliche für Weihnachten und das neue Jahr.
    Ulla

  2. Liebe Ulla,

    Danke für diesen Kommentar, auf den wir jetzt mal bei direkter Fragestellung auch direkt antworten wollen: Nein – kein Fohlen mehr für Oksana. Stimmt, sie sieht top aus, aber so soll es auch bleiben. Sie hat die Rente mehr als verdient und wird diese nun bekommen. Eine Tochter für die Weiterzucht haben wir: Oka-Blümchen. Weder in Schwarzgold noch in seinen Halbbrüdern sehen wir unser Zuchtziel wirklich repräsentiert und deswegen werden wir uns mit unserem Blümelein der springenden Fraktion zuwenden. Denn hier ist auch Oksanas GP-Empfehlung zu finden, im Springen. Und Oksana wird hoffentlich noch glücklich uralt, um dann für ihre Enkel lange eine würdige und gesunde Oma zu sein.
    LG
    Simone

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