Türchen 10 – Exkurs zur H.Dv.12 und ihre praktische Anwendung Teil b)

10Nachdem wir es im gestrigen Türchen geschafft haben aufzusitzen und die Pferde an das Reitergewicht zu gewöhnen, Vertrauen zu bilden und die Freude an der Mitarbeit zu fördern, kann nun der nächste Teil der Ausbildung beginnen. Die von uns gelegte Basis ist ab jetzt sicheres Fundament für die weitere Arbeit. Sollte dieses Fundament – warum auch immer – erschüttert werden, so muss konsequent zunächst daran ausgebessert werden, bevor es weiter geht.  Aber im Idealfalle geht es nun konstant voran. Es folgt Teil b) der H.Dv 12 – Takt und Losgelassenheit.

b) Takt, Losgelassenheit

Die erste Aufgabe des Reiters ist, den Takt zu regeln (s. Ziff.3). Das Pferd geht im Takt, wenn die diagonalen Beinpaare im Trabe gleichzeitig und gleichmäßig ab- und wieder auffußen. Die Regelung des Taktes erfolgt zunächst im natürlichen Trab, also in dem Tempo, welches das Pferd in einer natürlichen Haltung von selbst annimmt, ohne zu eilen. Das Pferd soll lernen, die ohne dem Gewicht des Reiters mit langem Halse und hängender Nase zwanglos zu bewegen. Vermag es diese zwanglose Bewegung beizubehalten, dann lässt es sich los. Die Losgelassenheit ist daran erkennbar, dass das Pferd im Trabe taktmäßig, raumgreifend, ohne zu eilen, vorwärts geht und das Bestreben hat, den Hals mit vorwärtsabwärts gestreckter Nase an die aushaltende Hand heranzudehnen, dass es federnd aus dem Rücken schwingt und den Schweif ohne Spannung natürlich trägt. Losgelassenheit des Pferdes ist die erste Vorbedingung für den Erfolg der gesamten Dressur.

Hier gilt es einmal zu wiederholen: Mit langem Hals! Hängender Nase! Zwanglos bewegen!

Unlängst sagte eine befreundete Amerikanerin, dass das größte Problem was wir Deutschen wohl mittlerweile in der Reitausbildung hätten, das wäre, dass wir uns viel zu weit von unserem Ursprung entfernt hätten und die Reitausbildung immer mit dem dritten Punkt der Ausbildungsskala begännen – nämlich der Anlehnung! Und damit hat sie Recht! Kaum sitzt der Mensch auf dem Pferd, folgt er seinem Kontrollwahn und grabbelt mal den Zügel kurz!

Dieser Gefahr gehen wir schlicht dadurch aus dem Weg, dass es erstmal keine Zügel in die Hand gibt. Beide Hände an den Maria-Hilf-Riemen und möglichst wenig stören. Wie wir uns erinnern, ist es uns ja im gestrigen Türchen gelungen, dass das Pferd den Reiter gelassen als normal empfindet, wieso sollte es also wild werden und stürmen? In der Mitte des Kreises steht die Person, der das Pferd gelernt hat zu vertrauen – was also sollte groß geschehen? Die Longe wird in den Kappzaum eingehakt und es wird lediglich am Takt gearbeitet. und das geht ganz prima mit Stimme und Reitergewicht, denn das junge Pferd wird – unverbraucht wie es ist – immer versuchen dem Gewicht zu folgen und für sich den maximalen Komfort zu erlangen.

Und dabei fällt dann die unterschiedliche Reaktion der Pferde auf: Mirar rollte sich eher ein. Ohne, dass ihn ein zu enger Zügel dazu animierte. Blümchen lief eher mit hohem Hals, ein anstehender Zügel hätte hier eine Beizäumung erreicht, die bestimmt auf den ersten Blick schön ausgesehen hätte, aber dem Alter nicht angemessen und ergo auch nicht gesund gewesen wäre.

Jedes Pferd ist etwas anders konstruiert und hat so konstruktionsbedingt auch unterschiedliche Stärken und Schwächen. Masche 0815 gibt es nicht. In den Grundsätzen ja, aber die Nuancen sind immer unterschiedlich.

Wie auch in der H.Dv. versuchen wir mit vielen Tempowechseln im Trab den Takt und somit auch die Losgelassenheit zu fördern. Im Ausbildungsplan steht hier klar geschrieben: „Keine Anlehnung“!

Nach der Gewöhnungsphase an den Reiter sollen ~ vier Wochen zur Erlangung von erstem Takt und Losgelassenheit folgen. Erst im dritten Monat beginnt die Arbeit an der Anlehnung. Logisch und konsequent, wenn man bedenkt, dass der Hals des Pferdes die wichtigste Balancierstange ist. Wird diese direkt mal krumm gezogen, wird das Pferd seinem wichtigsten Hilfsmittel beraubt.

Auch besonders hervorzuheben: Für die ersten vier Monate heißt es Schritt am HINGEGEBENEN Zügel. Ab Monat fünf bis Monat neun Schritt am LANGEN Zügel.Hier sei abschließend vermerkt, dass wir Züchter mittlerweile einen Schritt für eine 10 züchten müssen, damit der Otto-Normalo diesen – aufgrund von falsch verstandenem „Anlehnungszwang“ – dann auf eine sechs zusammenreiten kann……