Adventstürchen 18 – 2014 / Lanbeinigkeit, Bewegungsspektakel und ihre Folgen…..

Tür18-2014

Die Langbeinigkeit! Inbegriff von Modernität und zeitgenössischem Schönheitsideal. Zum Teil schon ins Groteske abfallend, wenn der große Jüngling mit zweieinhalb Jahren bei 170 cm Körpergröße mit langen dünnen Spinnenbeinchen, bei kaum ausgeprägten Gelenken und dazu mit wenig Körper die Bühne betritt. Idealerweise dazu in dunkler Jacke, aber das ist noch ein anders Thema.

Langbeinigkeit der Vermarktung wegen, denn klar, sie sehen toll aus, die designierten Dressurcracks, die da so daher kommen.  Lange Beine, ein eleganter, schmaler Körperbau, das ganze dann auf zum Bein passenden, aber für das Pferd in seiner Gesamtheit, viel zu kleinen Füßen… kurz instabil!! Seit Jahren wartet man vergeblich auf eine Erläuterung, wo die funktionellen Vorteile dieser Pferde liegen. Böse Zungen behaupten gar, es gäbe sie gleich gar nicht?!!

Es beginnt sicher damit, dass das Pferd von Natur aus kein Reittier ist. Es ist die Aufgabe der pferdegerechten Ausbildung hierfür zu sorgen, dass die Nutzung bei Gesunderhaltung möglich ist.

Die Wirbelsäule aller Pferde läuft von den Hinterbeinen nach vorne leicht bergab zu den etwas kürzeren Vorderbeinen. Das Pferd als bergab konstruiertes Lauftier muss lernen, seinen Körper entsprechend zu nutzen, die Gelenke der Hinterhand entsprechend zu beugen um tragen zu können.

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Wir  wissen es seit dem Sandkasten und den ersten Bauklötzchen: Je höher der Turm wurde, desto wackeliger wurde er…

Das Ziel der Langbeinigkeit, steht also dem ersten Ziel der Ausbildung, nämlich einem stabil tragenden Rücken entgegen. Nimmt man nun noch den beim Pferd gewünschten Schwung hinzu, taucht das ein oder andere Fragezeichen auf. Und so kommt es dann: Der Zuschauer sieht ein beeindruckendes Bild an der Hand des Vorführers, viel Vorderpferd, bergauf, lang gefesselt, der Widerrist deutlich über der Kuppe liegend, recht kurz im Mittelstück, spektakulär aktiv und schwungvoll … schlicht beeindruckend.

Von hinten betrachtet, wundert man sich noch ein wenig über Sprunggelenke, die sich nicht nur, wie von der Natur vorgesehen, vor und zurück bewegen, sondern auch seitlich „nachgeben“. Das Becken in der Bewegung beschreibt eine liegende „8“.

Der Fotograf wundert sich darüber hinaus über Bilder, bei denen das Vorderbein im Trab noch stützt, während das diagonal zugehörige Hinterbein bereits wieder in der Luft ist… ?? Mit bloßem Auge war das jetzt gar nicht so aufgefallen?? Alle Last auf einem Vorderbein in einer Trabphase ? ….

Diese Pferde stellen die Regel „Der Motor liegt hinten“ auf den Kopf – Ein spektakuläres Vorderpferd zieht die Hinterhand hinter sich her…. Gesundheitliche Probleme im ISG-Bereich sind ebenso vorprogrammiert, wie Probleme mit den Bändern – spätestens dann, wenn aus dem Handpferd ein Reitpferd werden soll….

Der deutsche Schäferhund lässt an dieser Stelle ganz herzlich grüßen!! Wir erinnern uns, auch da hat man die Konstruktion „besser“ gezüchtet….

Gezüchtet wird was der Markt will und bedauerlicherweise fordert der Markt ja diese Pferde, denn sie wirken in Jungpferdeprüfungen toll, werden hoch bonitiert, schaffen schon früh ein Bild, was eigentlich erst nach Jahren der Ausbildung sichtbar sein sollte …. und sind im Schnitt nach 3,4 Jahren „Nutzungsdauer“ – salopp gesprochen – platt!!! Springpferde halten im übrigen tendenziell noch etwas länger als Dressurpferde – Hier steht es 3,6 Jahre gegen 3,2 Jahre. Schrecklich!!

An der Stelle mal ein Zitat aus dem Buch „Meines Vaters Pferde“ vom Autor Clemens Laar. Fähnrich Godeysen, entsetzt über das ihm zugeteilte Pferd Bayard, bekommt von seinem Ausbilder ein wenig aus der Heeresdienstvorschrift vorgetragen:

„Nu hören se mal zu Fähnrich, was hier steht. Uff Seite 20 genau: ‚Tiere, namentlich von schlaffem Faserbau und schwachen Sehnen, geben sich in der Regel willig zu Stellung und Lektion her. Im Dienstgebrauch vermögen diese Pferde hingegen selten lange auszuhalten; dahingegen wiedersetzen sich kräftige Pferde von strammem Muskelbau, starken Sehnen und festen Gelenken häfig Forderungen des Reiters mit Hartnäckigkeit, welche sie vermöge iherer Eigenschaften zu leisten vollkommen geeignet sind. Richtiges Gefühl und Pferdekenntnis müssen dem Reiter hier sagen, wie weit er gehen darf und welches Verfahren er einzuschlagen hat.‘ So steht et hier, Fähnrich, und was in der Vorschrift steht, det ist reines Jold, det is Weisheit, det is Musik. Da is nich een Wort zuviel und nich een Wort zuwenig. Aber det sitzt. Bloß leider nich in die Köppe, wo et sitzen sollte“

Wenn der Markt diesen Pferden nun aber zufliegt, können wir nur konstatieren, NEIN, für diesen Markt werden wir nicht züchten! Never ever!!!! Wir möchten gerne Pferde wie Morgenstern und Oksana züchten, die auch kurz vor Beginn ihres 24. Lebensjahres Lebensfreude und Beweglichkeit zeigen.

Dann, ganz ehrlich, züchten wir lieber unmoderne Pferde! Aber mit gesunder Perspektive auf ein langes Leben und eine ebensolche „Nutzungsdauer“ – keine Sozialfälle, die darauf angewiesen sind, dass das Portemonnaie und die Tierliebe ihrer Besitzer auch lange genug ausreichend sind.

Und auch ein Blick in den großen Sport gibt uns Recht: Auch dort überwiegen die normalen, im Rechteck stehenden, Modelle. Die in der Lage sind, sich zu tragen, die Hanken zu beugen, den Widerrist zu heben und die Dampf auf dem Hinterbein haben.